Katrin Bandel

Medizin und Magie in der modernen indonesischen Prosa

408 S. - 17 x 22 cm
Preis: € 25,00
ISBN: 3-8334-2116-9
Verlag: Books on Demand
Norderstedt 2004

Seit der Einführung der Biomedizin im Zuge der Kolonialisierung bestehen in Indonesien verschiedene weitgehend inkongruente Medizinsysteme nebeneinander. Während die Biomedizin staatlich gefördert wird, werden in den Medien indigene Medizinsysteme auf den Bereich des Magischen, Irrationalen reduziert, ohne daß sich dies nennenswert auf das Patientenverhalten auswirkt. Die darin sichtbar werdende Hybridität ist kennzeichnend für postkoloniale Konditionen. Als solche wurde und wird sie auch immer wieder literarisch dargestellt. Bemerkenswert ist, in welchem Maße von den Kolonisatoren gesetzte Werte in diesem Bereich bis heute Gültigkeit behaupten können.
Um die Entwicklung literarischer Medizin- und Magiedarstellungen seit der Kolonialzeit deutlich werden zu lassen, wurde ein Korpus von Texten aus den Jahren 1896 bis 2002 zugrundegelegt. Indigene magische und medizinische Praktiken werden einem traditionellen, ländlichen, den Ansprüchen einer modernen Gesellschaft nicht genügenden Weltbild zugeordnet. Trotz dieser, den Vorstellungen der Kolonisatoren entgegenkommenden, Wertung verzichten die meisten Autoren aber darauf, Magie als eindeutig ineffektiv zu beschreiben. In der nachkolonialen Literatur findet sich auch eine kritische Umkehrung des Schemas, durch die das Zentrum statt mit Modernität mit traditioneller Magie assoziiert wird.
Dem negativen Bild des Magiers oder Heilers (dukun) entspricht ein positives Bild des Biomediziners, der über seine eigentliche Zuständigkeit hinaus Modernität und Humanität verkörpert. Biomedizinische Konzepte spielen allerdings in diesen Darstellungen nur selten eine Rolle. Kritische Darstellungen der Biomedizin sind deutlich seltener, dienen auch, wo sie verwendet werden, eher einer generellen Gesellschaftskritik. So wird hier das Bild des Arztes als Repräsentant einer besseren Gesellschaft kritisch gewendet. Kritik an spezifischen medizinischen Mißständen in Indonesien (z.B. der Beratungspraxis oder des puskesmas-Systems) findet sich nur vereinzelt.
Beruhen diese Darstellungen auf einer klar wertbesetzten Dichotomie von Biomedizin und indigener Medizin, zeigt sich dennoch eine Tendenz zur Vermischung beider Bereiche. So finden sich indigene Konzepte in transformierter Form gerade auch in Darstellungen biomedizinischer Diagnostik und Behandlung. Diese - von der besagten Hybridität des Weltbildes zeugenden - Verschränkungen werden allerdings meist sowenig wie die Übernahme kolonial geprägter Wertsysteme oder die alltäglichen Mängel des biomedizinischen Systems reflektiert und kritisch gewendet. Für die Autoren ist weniger eine Kritik des medizinischen Alltags dringlich, sie verwenden die in der Gesellschaft vorhandenen Vorstellungen zur Charakterisierung oder zur Kritik dieser Gesellschaft.